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Ein wirklich großer Missionar

„Er zog los, um die Frohe Botschaft zu verbreiten, in die verstecktesten Winkel des paraguayischen Chaco, zu Pferd, mit dem Pferdekarren, manchmal zu Fuß, durch trockene Wüsten und ausgedehnte Überschwemmungsgebiete, Flüsse und Bachläufe durchquerend, geplagt von jeder Art von Insekten, niemals auf die Zeit und Stunde achtend, auch nicht auf seine körperlichen Grenzen...“

So beginnt Michael Krischer seine Biographie von Pater Piet Jacobus Shaw OMI, der von den Menschen im Chaco auf Guarani Pa'i Puku gerufen wurde, der große Pater. So gilt Pa'i Puku bis heute in Paraguay als Vorbild eines Missionars.

Piet Jacobus Shaw wird am 6. September 1925 in Belgien geboren. Seit seiner Kindheit wollte er Priester werden, am liebsten als Missionar, etwa zu den Eskimos. Deswegen trat er den Oblatenmissionar bei. Deswegen wollte er in eine der schwersten Missionen gesandt werden. Passend erhielt er seine Obedienz für Paraguay, in die die Mission vom Pilcomayo.

Missionar zu Pferd

Anfang 1953 begann Pater Shaw seinen Dienst in der Pfarrei Benjamin Aceval. Zum Gebiet der Pfarrei gehörte damals das gesamte Hinterland des unteren Chaco mit hunderten kleinen Siedlungen und Estancias, wie die Ranches in Südamerika heißen. Diese Orte wurden selten von Priestern besucht.

Der Chaco war in dieser Zeit fast undurchdringlich. Es gab keine richtigen Straßen. Die meisten Wege waren provisorisch aufgehauene Schneisen durch den Urwald, mit Baumstümpfen, umgefallenen Stämmen, lockeren Sandstellen und sumpfigen Strecken. So war Pater Shaw zunächst nur auf dem Rücken von Pferden unterwegs, später kaufte er sich noch einen Pferdekarren, weil er Platz für seinen Filmprojektor und eine kleine Bibliothek brauchte.

Wann immer er Zeit hatte, machte er Hausbesuche. Er wollte die Menschen kennenlernen. Für viele Lebenslagen hatte er einen guten Rat parat, in religiösen Angelegenheiten achtete er auf Ordnung. Pa'i Puku genoss großen Respekt bei den Menschen. Doch er blieb ihnen auch suspekt. Er war zwar ein Menschenfreund, aber er trat scharf ein für die Kirche und ihre Gebote.

Eine Schule für den Chaco

Hohe Dringlichkeit maß Pa'i Puku dem Bau einer Internatsschule bei. Es gab für die Kinder der Bewohner der Ranches praktisch keine Möglichkeit eine Schule zu besuchen. Es sollte eine besondere Schule werden: Die Kinder sollten nicht für ein anderes Leben, sondern für ihr Leben im Chaco vorbereitet werden, in der Kultur, die ihnen vertraut war. Mit Nachdruck wandte sich Pa'i Puku gegen eine Gleichsetzung von Christentum mit europäischer Kultur. Er war überzeugt: Jeder Mensch könne in seiner eigenen Kultur Christ sein. Am 1. Juni 1965 wurde die Schule mit 25 Schülern eröffnet, darunter 11 Internatsschüler.

Nach fast 20 Jahren im Chaco machte Pa'i Puku seine Gesundheit zu schaffen. Immer wieder hatte er Anfälle mit hohem Fieber. Auch Hämorriden plagten ihn zusehends. Im Juli 1972 unterzog er sich einer Operation. Aufgrund dieser Probleme wurde Pater Shaw nach Puerto Elsa nahe Asuncion versetzt.

Apostolischer Vikar vom Pilcomayo

Doch kaum 10 Jahre später bekam ihn der Chaco wieder. 1981 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Apostolischen Vikar vom Pilcomayo.

Bischof Shaw trieb die Sorge um „seine kleine Herde“ um. Aus eigener Erfahrung wusste er um die Gefahren für Missionare, die lange allein arbeiteten. Es drohten Vereinsamung und Glaubenskrisen. Darum wollte er die Missionare zukünftig in Gemeinschaften zusammenfassen und die Seelsorge umorganisieren.

Für große Aufregung sorgte seine Entscheidung, die Werkstätten und die Vikariatsfarm in „zivile“ Hände zu geben. Die örtlichen Indigenen, die Nivacle, sollten in Zukunft in eigener Verantwortung arbeiten. Die Übergabe misslang. Die Vikariatsfarm, technisch veraltet, warf unter dem neuen Verwalter nicht den erhofften Ertrag ab, die Indigenen waren nicht vorbereitet und wirtschafteten innerhalb kurzer Zeit ab.

Tod auf der Ruta transchaco

Schon seit Jahrzehnten trieb Bischof Shaw ein Anliegen um: ein eigener Radiosender. Als junger Missionar wollte er damit sicherstellen, dass die Ankündigungen seiner Ankunft rechtzeitig zu den Leuten ankamen. Späterhin wollte er eine wöchentlich „religiöse Stunde“ für die Chacobevölkerung übertragen.

Am Donnerstag, dem 21. Juni 1984, machte sich Bischof Shaw auf den Weg nach Asuncion, um dort Gespräche für die Einrichtung des Radiosenders zu führen. Auf der Fahrt musste er sein Auto wegen eines technischen Defektes anhalten. Auf der Straße wurde er von einem Viehtransporter erfasst und starb noch an der Unfallstelle.

Weihbischof Jorge Livieres Banks, Generalsekretär der paraguayischen Bischofskonferenz, beschrieb den Verstorbenen bei einem Gedenkgottesdienst:

„Er war mit einer robusten Physis ausgestattet, voll Energie und Kraft. Aber vor allem brachte er einen priesterlichen und überbordenden missionarischen Geist mit. … Militärstützpunkte und Siedlungen, Estancias und verlorene Posten, unbekannte Orte und vergessene Menschen, empfingen seinen Besuch und hatten seine unermüdliche Zähigkeit, seine authentische Einfachheit und seine beispielhafte Bescheidenheit kennengelernt.“

Unvergessen und verehrt

Bis heute ist Pa'i Puku im Chaco unvergessen. Durch die anhaltende Verehrung gibt es seit den 2000er Jahren Überlegungen, ein Seligsprechungsverfahren zu eröffnen. Michael Krischer, der als Vizepostulator mit der Vorbereitung des Verfahrens befasst ist, zeigt sich zuversichtlich, dass 2025 das offizielle Verfahren in Asuncion eröffnet werden könnte.