Was bedeutet für Sie Berufung?
Jeder hat eine Berufung. Im Kern geht es um die Beziehung zwischen Gott und dem jeweiligen Menschen. Man folgt seinen Ruf aus Liebe und Freude.
Wie hat sich Ihre persönliche Berufung entfaltet?
Ich komme aus einem katholischen Dorf. Die erste Messe findet dort um halb fünf statt, die zweite um sechs Uhr. Ich bin der 50. Priester, der aus meinem Dorf stammt. In den vergangenen Jahren sind weitere sechs Priester von dort geweiht worden.
Meine Mutter ist häufig in die Messe gegangen. Von ihr habe ich viel über das Gebet gelernt. Als Kind gab sie mir auch immer ein Kreuzzeichen auf die Stirn, wenn ich das Haus verlassen habe. Mein Schulleiter war eine große Inspiration für mich. Er hat ein einfaches Leben geführt und die Armen viel unterstützt. Ich besuche ihn immer noch jedes Jahr.
Bis zu meinem 16. Lebensjahr war ich Messdiener in der Kirche.
Ursprünglich wollte ich nur Priester werden. Den Unterschied zwischen Welt- und Ordensgeistlichen habe ich da noch nicht gekannt. Als ich auf dem Gymnasium war, hat ein Oblatenmissionar einen Vortrag bei uns gehalten über das Charisma der Gemeinschaft. Dazu kam: Einer der Priester aus meinem Dorf ist ebenfalls Oblate. So habe ich mich entschieden, dort einzutreten.
Welche Herausforderungen haben Sie auf dem Weg Ihrer Berufung erlebt?
Meine Eltern haben mir vor meiner Priesterweihe gesagt: Wenn du zweifelst, dann bleibe nicht in der Gemeinschaft. Aber ich hatte mir die Entscheidung reiflich überlegt.
Noch immer habe ich einen geistlichen Begleiter. Er lebt in den USA und ist auch Oblate. Mit ihm telefoniere ich einmal im Monat. Das stärkt mein religiöses Leben.
Wie gehen Sie damit um, wenn Zweifel an Ihrer Berufung aufkommen?
Ich verbringe viel Zeit im Gebet, sowohl in Gemeinschaft als auch persönlich; immer wieder erhalte ich Energie von Gott geschenkt. Und ich suche den Beistand der Gottesmutter, indem ich täglich den Rosenkranz bete.
Können Sie von einem besonderen Moment oder einer Erfahrung erzählen, der Ihre Berufung gestärkt hat?
Während der Priesterweihe gab es eine Zeremonie: Meine Eltern haben meine Hände in die des Bischofs gelegt. Sie haben mich damit an ihn abgegeben. Davor hat meine Mutter zu mir gesagt: Du hast dich bewusst zu diesem Leben entschieden. Viele Jahre war Gott dir treu. Sei du auch Gott treu. Sei deinem Priestertum treu. Und deinem Orden. Diese Worte stärken mich bis heute.
Inwiefern beeinflusst Ihre Berufung Ihr tägliches Leben und Ihre Beziehungen?
Immer wenn ich Gelegenheit bekomme, erzähle ich vom Leben von uns Oblaten. Ich werde auch manchmal von den Schülern in Burlo gefragt, wie wir unser Leben gestalten. Der missionarische Geist prägt mein Leben.
Welche Rolle spielt die Gemeinschaft bei der Bestärkung Ihrer Berufung?
Wir sind in Burlo sechs Mitbrüder. Ich bin der Jüngste. Das Leben in der Kommunität ist von dem Grundsatz geprägt, in Liebe miteinander umzugehen. Wir verstehen einander gut, unterstützen und verbringen auch Teile unserer Freizeit miteinander.